Die Preise von Krypto-Assets unterliegen starken Schwankungen. Das beweist der Blick auf das aktuelle Jahr: Während die Preise von Bitcoin, Ethereum und anderen Krypto-Assets in den ersten vier Monaten des Jahres um zwei- oder gar dreistellige Prozentbeträge stiegen, gerieten die Krypto-Kurse zuletzt stark unter Druck. Die meisten Krypto-Assets stehen auf Jahressicht zwar deutlich im Plus, jedoch sind sie wieder weit von den Höchstständen im April und Mai entfernt. Hinter den Schwankungen verbirgt sich nicht zuletzt auch die Unsicherheit hinsichtlich der Bewertung und Bewertbarkeit von Krypto-Assets.

Den “wahren Wert” von Krypto-Assets ermitteln

Für außenstehende Beobachter drängt sich angesichts der Kursschwankungen schnell der oberflächliche Eindruck auf, dass es sich bei Krypto-Assets um rein spekulative Anlagen handelt, deren “wahrer Wert” – anders als bei Aktien, Anleihen oder Immobilien – nicht ermittelbar ist. Diese Einschätzung stimmt so nicht. Auch Krypto-Assets kann man bewerten.

Ein Beispiel: MakerDao, einer Krypto-Anwendung auf der Ethereum-Plattform, ermöglicht die Beleihung von Krypto-Assets. Wer sich den dadurch generierten Stablecoin DAI leiht, muss dafür Gebühren entrichten. Die erwirtschafteten Gebühren werden vom Protokoll genutzt, um Maker-Token zu erwerben und diese dann zu “verbrennen”. Der Effekt gleicht dem eines Aktien-Rückkaufs: Die Anzahl der in Umlauf befindlichen Maker-Token sinkt, der Wert der Plattform verteilt sich auf weniger Token. Bleibt die Nachfrage nach Token gleich oder steigt sogar, ergibt sich ein positiver Effekt auf den Wert je Token.

Bewertungsmodelle für Krypto-Assets

Wenn man diese Mechanik versteht, lassen sich Bewertungsmodelle erstellen, die Ähnlichkeit mit klassischen Ertragswert- oder Discounted-Cashflow-Modellen haben. Ebenso lassen sich Multiples ermitteln, die man dann wiederum mit alternativen Anlagen vergleichen kann. Aktuell beispielsweise liegt das KGV von MakerDao bei rund 22, und damit deutlich unter dem für “klassische” Fintechs oder anderer wachstumsstarker Tech-Werte. Interessant für Analysten: Die Geschäftsentwicklung von MakerDao kann quasi in Echtzeit nachverfolgt werden, da alle Daten transparent auf der Blockchain einsehbar sind. Im Gegensatz zu Aktien muss man also nicht auf Quartalsberichte und Jahresabschlüsse warten, sondern kann seine Einschätzungen aufgrund von rund um die Uhr verfügbaren Daten jederzeit anpassen.

Zugegeben, bei vielen anderen Krypto-Assets sind Bewertungen nicht so klar ermittelbar wie bei MakerDao. Viele Krypto-Assets weisen keine Ertragsströme auf, die den Token-Eigentümern zugutekommen. Wie bei Start-ups üblich fokussieren sich viele der Protokolle auf ihre technische Entwicklung und das Erschließen von Märkten, die Frage der Monetarisierung des Geschäftsmodells tritt dabei in den Hintergrund.

Wechsel vom “Proof-of-Work”- zum “Proof-of-Stake”-Verfahren

Oftmals lohnt sich aber auch der Blick in die Zukunft. Etwa auf die anstehenden Entwicklungen bei Ethereum, dem nach Marktkapitalisierung zweitgrößten Krypto-Asset. Die Smart-Contract-Plattform generiert schon heute Gebühren, die Krypto-Anwender bei der Nutzung von Smart Contracts entrichten. Allein in den letzten 30 Tagen sind Gebühren von mehr als einer halben Milliarde US-Dollar angefallen. Aktuell gehen diese Gebühren an die so genannten Miner, die durch ihre Tätigkeit die Sicherheit des Netzwerks gewährleisten. Mit Ethereum 2.0 steht nun eine Weiterentwicklung und fundamentale Änderung an: Der Wechsel vom “Proof-of-Work”- zum “Proof-of-Stake”-Verfahren. Nach dieser Änderung gehen die Gebühren nicht mehr an Miner, sondern – direkt und indirekt – an den Token-Eigentümer. Ethereum wird damit zum “produktiven Asset”, das seinen Eigentümern eine bezifferbare – und damit bewertbare – Rendite bringt.

Der schwere Stand von Bitcoin

Einen schwereren Stand in Punkto Bewertbarkeit hat sicherlich Bitcoin, da keine Ertragsströme sinnvoll ermittelbar sind. Ähnlich wie bei physischem Gold ist der Wert auch bei Bitcoin als digitalem Gold eher von Makro-Entwicklungen sowie von Netzwerkeffekten abhängig. Aber auch zu diesen kann man sich eine Meinung bilden und daraus Bewertungsmaßstäbe ableiten.

Volatile Krypto-Assets mit hohem Rentitepotenzial

Fazit: Krypto-Assets können – wie andere Anlagen auch – bewertet werden. Die hohe Schwankungsbreite der Kurse ist zum Teil sicherlich ein Ergebnis von Spekulationen. Andererseits ist sie aber auch Ausdruck eines sich extrem schnell entwickelnden Marktes, in dem sich Teilnehmer in Echtzeit Meinungen zu täglich neuen Entwicklungen bilden. Wer die daraus resultierende Volatilität verkraften kann, wird dafür mit außerordentlichem Renditepotenzial belohnt.

Erschienen auf: Boerse-online.de