Bundesverband Alternative Investments e.V., Germany’s association for the alternative investment industry, has chosen „crypto assets, digitization and new technologies“ as their main topic for December 2020. Check out their website for great educational content on crypto assets, including contributions from Postera Capital. Here you can read the full article (German):

„This time is different“ – dieser Satz wird oft als der gefährlichste Satz für Investoren gehandelt. Denn wenn sich Kurse schnell nach oben bewegen, stellt sich immer die Frage, ob die Entwicklung nachhaltig ist oder sich gerade eine Blase bildet. Schon zu oft wurden – im Nachhinein offensichtliche – Preisblasen von Investoren dadurch rationalisiert, dass sie werttreibende Faktoren fanden, die vorher vermeintlich nicht existiert hatten. Im Nachhinein stellt sich dann oft heraus, dass diese Faktoren doch nicht so neu waren, und die Preise von Aktien, Immobilien oder anderen Anlageobjekten nach Platzen der Blase wieder auf ihr vorheriges Niveau zurückfielen. Eine gesunde Skepsis ist bei schnellen Kurssteigerungen also angebracht. Und so fragen sich auch jetzt viele Investoren, ob die aktuell sehr positiven Preisentwicklungen an den Krypto-Märkten nachhaltig sind, oder ob es sich nicht um eine Übertreibung handelt, die früher oder später korrigiert wird.

Starke Unterschiede zu 2017

Konkret: Der Preis von Bitcoin hat sich im Laufe des Jahres 2020 weit mehr als verdoppelt, Ende November 2020 erreichte er sogar ein neues Allzeithoch. Erinnerungen an 2017 werden wach, als die Kurse innerhalb eines Jahres um mehrere hundert Prozent nach oben schossen, 2018 dann aber wieder stark fielen. Es stellt sich die Frage: Ist die Situation heute anders als 2017, oder erleben wir mal wieder eine Welle der „Irrational Exuberance“ – des irrationalen Überschwangs? Bei aller Vorsicht kann festgestellt werden, dass sich die Kryto-Märkte im Dezember 2020 tatsächlich in wesentlichen Punkten von denen des Jahres 2017 unterscheiden. Diese sollten Anleger verstehen, denn nur dann können sie für sich eine gute Entscheidung treffen. Drei dieser Unterschiede wollen wir im Folgenden erläutern.

Marktstruktur: Die Struktur der Krypto-Märkte hat sich in den letzten drei Jahren konsequent weiterentwickelt. Mittlerweile gibt es regulierte Fonds, regulierte Börsen und ein Netzwerk an Dienstleistern, die eine professionelle MarktInfrastruktur zur Verfügung stellen. Diese hat zwar noch nicht den Reifegrad, den man beispielsweise von entwickelten Aktienmärkten kennt, aber gegenüber 2017 wurden deutliche Fortschritte in Bezug auf Umfang und Qualität des Angebots gemacht. Ein Aspekt, der in Bezug auf die Preisfindung besonders wichtig ist: Es gibt mittlerweile ein ganzes Arsenal an Short-Produkten, mit denen Anleger auf fallende Kurse setzen können. Das war 2017 noch anders: Das erste professionelle Short-Produkt, Bitcoin-Futures an der Chicago Mercantile Exchange (CME), kam erst im Dezember 2017 auf den Markt, kurz bevor die Kurse einbrachen.

Short-Produkte bilden wichtiges Korrektiv

Praktiker und Wissenschaft sind sich einig: Short-Produkte sind wichtig, da sie die Märkte in Zaum halten. Gibt es diese nicht, bewegen sich Preise wie auf einer Einbahnstraße: Sie kennen – zumindest kurzfristig – nur eine Richtung. Erst, wenn die Entwicklung offensichtlich überhitzt ist, brechen Kurse dann ein. Anleger, die 2017 die Krypto-Blase erkannten, hatten noch keine Möglichkeit, ihre Sicht auf den Markt in eine Trading-Strategie zu übersetzen. Das Korrektiv fehlte. Heute ist das anders: Short-Seller und Quant-Trader warten darauf, an den KryptoMärkten Übertreibungen auszumachen, um von dann von fallenden Kursen zu profitieren. Die Folge: Größere Übertreibungen korrigieren meist schnell. Die Gefahr einer Blasenbildung ist dadurch zwar nicht gebannt, aber zumindest gemindert.

Marktteilnehmer: Krypto-Märkte sind Retail-Märkte, lautet eine Binsenweisheit. Das bedeutet, dass sie von Privatpersonen dominiert werden, die weniger rational agieren als große professionelle Anleger, die langfristig denken und handeln – so zumindest die Annahme. Im Jahr 2017 war das sicherlich großenteils richtig, aber auch hier hat sich in den letzten drei Jahren die Krypto-Welt verändert. Die große Welle der institutionellen Investoren brach zwar nicht so schnell und plötzlich über die Krypto-Märkte herein, wie manche Marktteilnehmer gehofft hatten, die Veränderung der Krypto-Investoren-Landschaft hat sich eher langsam und stetig vollzogen. Ein paar Beispiele: In den USA erzielt ein Fonds-Produkt der Firma Grayscale große Erfolge. Mittlerweile sind mehrere Milliarden USD in einem Fonds investiert, der nichts anderes tut als Bitcoin zu kaufen und zu halten. Und das, obwohl er mit 2% pro Jahr relativ hohe Gebühren nimmt, und noch dazu Anleger im Sekundärmarkt Prämien über dem Nennwert zahlen müssen, um an die begehrten Fondsanteile zu kommen. Wie erklärt sich der Erfolg?

Interesse an der Krypto-Sparte steigt

Ein wesentlicher Faktor dürfte sein, dass die Grayscale-Fonds eine der wenigen Möglichkeiten darstellen, mit denen US-Amerikaner Bitcoin oder andere Krypto-Assets in ihre Altersvorsorge-Konten – die so genannten 401k-Accounts – bekommen können. Mit anderen Worten: Viele der Grayscale-Investoren nutzen Bitcoin als Baustein für ihre Altersvorsorge. Es sind also keine kurzfristig orientierten Trader, sondern Anleger, die ihr Kapital auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte binden. Weitere Beispiele: Fidelity, eines der größten amerikanischen Fondshäuser, investiert seit Jahren in den Aufbau einer eigenen Krypto-Sparte. Durch regelmäßige Umfragen belegen sie, dass das Interesse seitens vieler institutionellen Investoren nicht nur hoch ist, sondern auch stetig steigt.

Deutsche Anleger neigen, wie so oft, zu übertriebener Vorsicht, aber auch in Deutschland setzt sich die Erkenntnis durch, dass Krypto-Assets einen Platz in gemischten Portfolios haben können. In einer unter Leitung von Demelza Hays, Head of Research bei der Fachpublikation Cointelegraph, jüngst durchgeführten Studie gaben 61% der befragten professionellen Investoren an, dass sie entweder bereits in Krypto-Assets investiert sind oder denken, dass sie in Zukunft in Krypto-Assets investieren werden. Durch den höheren Anteil an langfristig orientierten professionellen Investoren stabilisiert sich auch die Preisentwicklung. Dies lässt sich empirisch beobachten: Die Volatilität von Bitcoin und anderen Krypto-Assets ist zwar immer noch recht hoch, geht aber stetig zurück und war zuletzt sogar niedriger als die von Tech-Aktien wie Tesla.

Märkte haben sich weiterentwickelt

Marktphasen: Letztlich lohnt es sich auch, Krypto-Märkte in Abhängigkeit von der Entwicklung an anderen Märkten zu betrachten. 2017 befanden sich Aktien im Bullen-Modus. Die These: Wenn Investoren hohe Renditen in den großen Assetklassen erwirtschaften, fällt es ihnen leichter, ein Teil des verdienten Geldes in risikoreiche Anlagen zu stecken – sie befinden sich im „Risk-On-Modus“. Alternative Anlageformen wie Krypto-Assets profitieren. Da ist sicherlich etwas dran, kurzfristig weisen alle risikobehafteten Anlageformen eine hohe Korrelation auf. Was die drei letzten Jahre aber auch belegt haben: Krypto-Assets haben eine eigene Dynamik, die sich mittel- und langfristig entfaltet. Kurzfristig beeinflussen Aktienmärkte zwar die Krypto-Märkte, langfristig betrachtet besteht aber weiterhin nur eine äußerst geringe Korrelation zwischen Krypto-Märkten und anderen Anlageklassen. Die Sorge, dass KryptoAssets ein „Schön-Wetter-Asset“ sind, das nur in einer positiven Marktphase funktioniert, war 2017 noch real; heute ist sie unbegründet.

Fazit: Is this time different? Zurück zur eingangs gestellten Frage: „Is this time different?“ Wir behaupten: Ja, teilweise schon. Die Märkte haben sich in wesentlichen Aspekten weiterentwickelt, und dies sollten Investoren bei ihrer Analyse der Chancen und Risiken mit einbeziehen. Um es klar zu sagen: Das alles bedeutet nicht, dass Investitionen in Krypto-Assets risikofrei sind. Im Gegenteil: Es handelt sich um eine immer noch junge und sehr dynamische Asset-Klasse, und dementsprechend hoch ist die Schwankungsbreite der Kurse.

Kurzfristige Über- oder Untertreibungen wird es auch zukünftig geben. Bedeutet das, dass man als rationaler Anleger der Assetklasse zunächst einmal fernbleiben soll? Auf keinen Fall. Denn dadurch würde man eine Chance auf Renditen und Diversifikation vergeben, die man in dieser Form nirgendwo anders findet. Wohl aber bedeutet es, dass man sich über die Größe seiner Krypto-Allokation Gedanken machen sollte. Eine vernünftige Größenordnung wird für viele Anleger im Bereich von 1% bis 5% liegen, für junge und risikofreudige Anleger eventuell auch etwas höher. Wie sich deutsche institutionelle Anleger in den kommenden Monaten und Jahren positionieren, wird spannend zu beobachten sein.